(die Seite befindet sich noch im Aufbau, 27.10.2001)
Werkstattunterricht
Lernwerkstätten stellen eine noch weitgehend neue Organisationsform des offenen
Unterrichts dar, die jedoch zunehmend an Bedeutung gewinnt und an vielen Schulen
schon erfolgreich praktiziert wird.
Zunächst wollen wir uns dabei den Rahmenbedingungen des Werkstattunterrichts
zuwenden. Eine Lernwerkstatt bietet den Schülern zu einem bestimmten Thema ein
breitgefächertes Lernangebot für Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit aus den
unterschiedlichsten Lernbereichen an (z. B. Lese- und Schreibanlässe,
künstlerisch-gestalterische Angebote, Aufgaben aus den Bereichen Mathematik,
Wahrnehmung etc.). Soweit wie möglich arbeiten die Schüler selbstständig, indem sie
aus dem Lernangebot auswählen, die Reihenfolge der Arbeitsangebote, die Sozialform
und den Lernort bestimmen, wobei jeder Schüler nach seinem individuellen Lerntempo
vorgehen kann. Werkstattunterricht beinhaltet somit fächerübergreifendes Arbeiten
und ein hohes Maß an Individualisierung bzw. Differenzierung. Das Unterrichtskonzept
schafft geeignete Voraussetzungen für selbstständiges, eigenverantwortliches Lernen
und ermöglicht unterschiedliche Zugangsweisen zu einem Unterrichtsthema. Zentrales
Medium für das eigenständige Arbeiten der Schüler sind Auftragskarten, auf denen
der Arbeitsauftrag des jeweiligen Werkbereiches in kurzer, verständlicher Form
formuliert ist.
Die Lehrkraft übernimmt die Rolle des Beraters und Helfers bei auftretenden
Problemen, hält sich jedoch entsprechend dem Prinzip der minimalen Hilfe weitgehend
zurück. Erfahrungsgemäß bleibt mehr Zeit für Schülerbeobachtungen und die Betreuung
besonders förderungsbedürftiger Schüler als im herkömmlichen Unterricht, da die
Lerngruppe insgesamt selbstständiger arbeitet. Trotz oder gerade wegen der oben
aufgeführten Freiräume der Schüler kommt Werkstattunterricht natürlich nicht ohne
Regeln aus. Diese müssen zu Beginn der ersten Werkstatt gemeinsam mit den Schülern
erarbeitet werden (siehe Tipps zur Organisation). Als hilfreich für die Organisation
einer Werkstatt erweist sich entweder die Kooperation der unterrichtenden Lehrkräfte
einer Klasse oder die Bündelung verschiedener Fächer in einer Hand
(Klassenlehrerprinzip). Ebenfalls schafft die Nutzung von Gruppentischen,
Nebenräumen, Arbeitsecken oder Fluren günstige, aber nicht unbedingt notwendige
Bedingungen für die Durchführung von Werkstattunterricht.
Das Chefprinzip als tragendes Element des Werkstattunterichts
Jeder Werkbereich obliegt der Hand eines "Chefs" oder "Helfers", der für
diesen Bereich zuständig ist und folgende organisatorische Funktionen übernimmt:
Der "Chef" erfüllt in erster Linie eine "Helferfunktion", indem er erster
Ansprechpartner für Mitschüler bei Fragen und Problemen ist. Darüber hinaus obliegt
ihm die Verwaltung des Materials, das zu diesem Werkstattbereich gehört, indem er
auf die Rückführung und Neubeschaffung notwendigen Arbeitsmaterials achtet. Nicht
zuletzt kommt ihm die zentrale Aufgabe zu, Arbeitsaufträge von Mitschülern nach
Ausführung zu sichten und auf dem Werkstattplan (s. u.) zu unterzeichnen. Um den
"Chef" eines Werkbereiches jedoch nicht übermäßig zu belasten und den Schülern
ebenfalls die Möglichkeit zur Selbstkontrolle zu geben, werden an vereinbarter
Stelle (z. B. Rückseite der Tafel, Lösungsordner etc.) Lösungen ausgelegt, mit deren
Hilfe bearbeitete Werkstattbereiche überprüft werden können. Wo die Kontrolle durch
ein Lösungsblatt nicht gegeben werden kann (z. B. beim Verfassen freier Texte,
die Überarbeitungshinweisen bedürfen), ist der "Chef" gefragt, um Feedback zu geben.
Sollte die Anzahl der Schüler größer als die der Lernangebote sein, so können auch
zwei oder mehr Schüler als "Chef" eines Bereiches fungieren. Wesentlicher Vorteil
des "Chef"- oder "Helferprinzips" ist die Übertragung von Lehrerkompetenzen auf
Schüler, wobei die Lehrkraft von zeitraubenden Aufgaben befreit wird und diesen
Spielraum stärker für Belange einzelner Schüler nutzen kann.
Tipps zur Organisation der Werkstattarbeit
Anordnung der Materialien im Klassenraum:
Als vorteilhaft erweist es sich, die Werkstatt an einem für die Schüler frei
zugänglichen Ort im Klassenraum (Regale, Fensterbänke, Tische) aufzubauen und
ein Ablagefach für jeden Werkbereich einzurichten. Dieses wird mit einer Nummer
und dem Namen des "Chefs" versehen, der den Bereich betreut. Auf diese Weise ist
direkt erkennbar, wer der zuständige Ansprechpartner ist. In dem Ablagefach befinden
sich die Auftragskarte, die den Bereich kurz erläutert und den Arbeitsauftrag
formuliert, entsprechende Arbeitsblätter und sonstige Materialien, die benötigt
werden.
Verteilung der "Chefämter":
Es bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten die Zuordnung von "Chef" und
Werkbereich zu organisieren: Entweder übernimmt die Lehrkraft vorab die Zuteilung
unter Berücksichtigung der individuellen Interessen und Fähigkeiten der Schüler
oder diese entscheiden sich nach der ersten Begegnung mit der Werkstatt für einen
Bereich, den sie betreuen möchten. Sollten die Schüler noch keine Erfahrungen mit
Werkstattunterricht gesammelt haben, ist es im Hinblick auf einen reibungslosen
Start günstiger, die Zuordnung vorab vorzunehmen.
Der Werkstattplan als Überblick:
Auf dem Werkstattplan, der jedem Schüler ausgehändigt wird, sind die einzelnen
Werkbereiche der Reihe nach aufgelistet. Nach Beendigung einer Aufgabe wendet sich
der Betreffende an den zuständigen "Chef", der diese überprüft und auf dem
Werkstattplan unterzeichnet. Auf diese Weise erhalten Schüler und Lehrer einen
Überblick über bereits bearbeitete Werkstattbereiche. Sinnvoll ist es, wenn jeder
Schüler über einen separaten Schnellhefter oder Ordner verfügt, in dem der
Werkstattplan und zugehörige Arbeitsblätter gesammelt werden.
Zur besseren Übersicht kann ein großer Werkstattplan im Klassenraum aufgehängt
werden, der allen Schülern die angebotenen Werkbereiche nochmals verdeutlicht.
Regeln für die Werkstattarbeit:
Alle Formen des offenen Unterrichtes ebenso das Konzept der Werkstattarbeit eröffnen
Freiräume für Schüler, die jedoch nur dann angemessen und sinnvoll genutzt werden,
wenn nicht auch entsprechende Verhaltensregeln vereinbart und eingehalten werden.
Empfehlenswert ist die gemeinsame Erarbeitung von Regeln, um Transparenz und
Akzeptanz seitens der Schüler zu fördern. In diesem Rahmen sollte auch die Rolle des
"Chefs" geklärt werden, damit es hier nicht zu falsch verstandenem Missbrauch
der Aufgabe kommt.
Vorschlag für einen Regelkatalog:
- jedes Kind wählt eine Arbeit aus und führt diese zu Ende, bevor es sich einer
neuen Aufgabe zuwendet
- es kann allein, mit einem Partner oder einer Gruppe gearbeitet werden
- der Sitzplatz/Lernort ist frei wählbar
- alle benötigten Materialien werden wieder an den ursprünglichen Ort zurückgebracht
(Ablagefach)
- der "Chef" soll bei Problemen freundlich Hilfestellung geben, Arbeiten überprüfen
und auf dem Werkstattplan unterzeichnen
Tipps zur konkreten Einführung der Orientwerkstatt
Im Rahmen der ersten Werkstatteinheit arbeitet sich der "Chef" zunächst in seinen
Aufgabenbereich ein, um kompetenter Ansprechpartner für Mitschüler zu werden. Der
Lehrkraft kommt an diesem Tag die zentrale Aufgabe zu, alle fertiggestellten
"Chefaufgaben" auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, damit eine korrekte
Weitervermittlung gewährleistet ist. Erst wenn dieser Prozess abgeschlossen ist,
können in der nächsten Einheit Aufgaben frei ausgewählt und bearbeitet werden.
Dann übernimmt der "Chef" die Rolle des Helfers, überprüft und unterzeichnet
Fertiggestelltes.
Den Abschluß der ersten Werkstatteinheit bildet eine gemeinsame Reflexionsphase,
in der Erfahrungen ausgetauscht und auch etwaige Probleme geklärt werden können.
An dieser Stelle erhalten die Schüler ebenfalls Gelegenheit entstandene Produkte
vorzustellen und eine Würdigung ihrer Arbeit zu erfahren.
Zusätzliche Anregungen
Abgesehen von der reinen Werkstattarbeit bieten sich folgende Aktivitäten zum Thema
an:
Sie erhalten alle Werkstätten von Marion Stelau und Birgit Groß-Ernst unter folgender
Adresse: www.buchverlagkempen.de